Chadder: Verschlüsselter Messenger von John McAfee
Chadder heißt der neueste Streich aus dem Hause McAfee, bekannt durch sein gleichnamiges Antivirenprogramm. John McAfee springt damit auf den Zug der sicheren Messenger mit auf – ob das gelingt? In unserem letzten Messenger-Test widmen wir uns dem Nachzügler Chadder, der erst kürzlich das Licht der mobilen Welt erblickte.
Chadder bisher nur für Android und Windows Phone
Chadder wurde für Android- und Windows Phone-Smartphones konzipiert, eine iOS-Version ist bereits angekündigt. Tablet-User können die Messenger-App dennoch herunterladen und nutzen. Wir testen unter Android die Version, die gerade am 27.05. aktualisiert wurde. Überarbeitet wurden diverse Probleme, wie etwa die vorher nicht immer funktionierende Login-Funktion oder die regelmäßigen Abstürze. Chadder ist noch in der Public-Beta-Phase, wie wir der App-Beschreibung entnehmen. Noch muss also nicht alles reibungslos funktionieren. Die Installation von Chadder verläuft genauso einfach wie bei allen bereits getesteten Apps: App-Store besuchen, herunterladen und den Installationshinweisen folgen.
Jetzt wird es spannend: Kurz nach dem Start bekommen wir die Option, uns einzuloggen oder zu registrieren, wir entscheiden uns für Letzteres. Nach Eingabe eines Nicknamens, eines Usernamens und eines Passworts können wir an einer erklärenden Führung teilnehmen, die leider in englischer Sprache gehalten ist, was sicher nicht jeden User anspricht. Das Tutorial ist dennoch sinnvoll aufgebaut und erklärt angenehm die Funktionen des Messengers. In unserem Test läuft jedoch etwas schief: Wir möchten vom Tutorial in die Einstellungen wechseln. Dies gelingt uns bedauerlicherweise nicht und somit bleiben wir im Tutorial stecken. In der Ansicht „Chats“ bekommen wir die Möglichkeit, über das Stiftsymbol zu unseren Profileinstellungen zu gelangen. Die fallen spärlich aus: Das Geschlecht, den Nicknamen, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse lassen sich einstellen, zudem auch die Option, ob diese Daten öffentlich angezeigt werden. Weitere individuelle Einstellungen sind nicht möglich.
Kontakte lassen sich über ihren Namen, ihre Telefonnummer, ihre E-Mail-Adresse oder über einen vierstelligen Code hinzufügen. Vorausgesetzt, sie sind bereits bei Chadder angemeldet, denn eine Möglichkeit, Kontakte einzuladen, findet sich nicht. Überhaupt ist der Funktionsumfang sehr übersichtlich: Sie können Textnachrichten versenden. Keine Bilder, keine Videos, keine Standortinformationen, es gibt keine Sprachnachrichten und auch Gruppenchats sind nicht vorhanden. Allerdings sind Funktionen wie Stickers, Spaßbilder etc. geplant.
Chadder: Spendenfinanzierung funktioniert nur bedingt
Die App kann kostenfrei heruntergeladen werden; In-App-Käufe oder Abos gibt es nicht. Wie also finanziert sich Chadder? Das weiß auch Etransfr, die Firma hinter Chadder, noch nicht so richtig. Die Pläne gehen da hin, Geldgeber zu finden, wie Lexi Sprague, CEO von Etransfr, in einem Blogbeitrag offenbart. Dafür sind alle, die von Chadder begeistert sind, angehalten, die Augen und Ohren nach interessanten Investoren offenzuhalten. Der Hashtag #Chadderforall und die Spendenseite Qikfunder sollen helfen, bislang sieht es aber mager aus: 580 US-Dollar von 50.000 US-Dollar (Stand: 05.06.2014) wurden von 13 Geldgebern investiert; das entspricht einem Prozent. Es bleiben nicht mal mehr 30 Tage, bis das Spendenprojekt auf Qikfunder abläuft.
Etransfr ist eine Firma, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Internet wieder privater zu machen. Bislang mit genau einem Produkt: Chadder. Etransfr besteht aus Master- und Bachelor-Studenten des Rochester Institute of Technology. Was John McAfee damit zu tun hat, wird mit einem Klick auf eine Statusmeldung bei Facebook deutlich: „Wir freuen uns, bekannt zugeben, dass das Etransfr-Team von John McAfee entdeckt wurde!“. Partnerfirma und Vertriebskanal ist Future Tense Central (FTC); ein Unternehmen, das sich selbst mit den Worten „We’re in the business of privacy“ beschreibt. Neben Chadder gehört DCentral1 zu den Steckenpferden von FTC; eine Android-App, die andere installierte Apps auf ihre Berechtigungen hin untersucht und diese auch entziehen kann. Zudem wurde die Sicherheitsfirma von John McAfee gegründet.
John McAfee zählt zu den Urgesteinen des Antivirenbereichs; er war einer der ersten, die Antivirensoftware angeboten haben. 1987 gründete er das nach ihm benannte Unternehmen, 1994 verließ er es als Multimillionär. Seither versucht John McAfee, Start-ups zu unterstützen. Bislang konnte sich keines dieser Unternehmen am Markt etablieren – bleibt abzuwarten, wie das bei Chadder ausgehen wird.
Trifft das Sicherheitsversprechen von Chadder zu?
Chadder wirbt damit, die Privatsphäre zu achten und verschlüsselte Nachrichten auszutauschen. Damit richtet sich der Messenger an sicherheitsbewusste Anwender, die gut und gerne auf einen immensen Funktionsumfang verzichten können. Quelloffen ist Chadder nicht, sodass die Verschlüsselungsparameter nicht von außen nachvollzogen werden können. Chadder arbeitet mit einer 256 Bit starken AES-Verschlüsselung, die dem SSL-/TLS-Standard entspricht. Ein Drittanbieter verwaltet die Schlüssel, sodass die Chadder-Entwickler damit werben können, selbst keine Möglichkeit zu haben, die Kommunikation der Nutzer nachzuvollziehen. Dass Schlüsselverwaltung und Nachrichtenversand über verschiedene Server laufen, ergibt Sinn, um die versprochene Sicherheit zu gewährleisten.
Chadder verzichtet auf den Zugriff auf das Adressbuch der Nutzer. Sie selbst können auswählen, welche Informationen öffentlich gemacht werden dürfen und welche Sie für sich behalten möchten. Sie können, müssen aber zu keinem Zeitpunkt Ihre E-Mail-Adresse und Telefonnummer hinterlegen – zur Anwendung der App reicht es völlig aus, sich einen Nick- und Usernamen sowie ein Passwort auszudenken. Das gefällt uns: Als Datenkrake kann man Chadder wahrlich nicht bezeichnen! Die Kommunikation läuft über die Server von FTC, die in den USA stehen.
Die Privatsphärenrichtlinien fallen bei Chadder überraschend kurz aus: Wir werden noch mal auf die Trennung der Schlüsselverwaltung von den Nachrichten hingewiesen, darauf gestoßen, dass eine Gruppe von Studenten hinter Chadder steckt, die auch mal Fehler machen kann, aber bemüht ist, selbige schnellstmöglich auszuräumen. Auch das Ziel, eine App zu schaffen, die Sicherheit und Privatsphäre bringt, wird erneut benannt. Es folgt ein Hinweis, dass sich die Entwickler das Recht vorbehalten, Accounts, die gewaltverherrlichende, rassistische oder sexuelle Inhalte verbreiten, zu löschen, und der, dass diese Richtlinien jederzeit geändert werden können. AGB oder einen Jugendfilter finden wir nirgends.
Noch ist Chadder kein alltagstauglicher Messenger
Chadder befindet sich aktuell in der Beta-Phase. Da ist es natürlich, dass noch nicht alles klappen möchte, was funktionieren soll. Bisherige Stimmen in den App-Stores untermauern dies: Probleme beim Login, Abstürze, auch das Hinzufügen von Kontakten war für einige Anwender schwer bis unmöglich. Die Zuverlässigkeit wird sich hoffentlich einstellen, wenn Chadder die Beta-Phase hinter sich lässt. Wenn es so weit kommt, denn die Finanzierungswünsche sind hoch, die bisherigen Spenden dagegen gering. Mit John McAfee haben sich die Studenten, die Chadder entwickelt haben, einen prominenten Antiviren-Pionier ins Boot geholt. Aber reicht dieser Name aus, um der Verschlüsselung von Chadder ohne Quellcode zu vertrauen? Der Weg, den Chadder einschlägt (Schlüsselverwaltung, Umgang mit persönlichen Daten), ist großartig! Zweifler werden dennoch keiner App vertrauen, deren Quellcode sie nicht einsehen können. Und Nutzer, die die Funktionsvielfalt von WhatsApp oder LINE gewohnt sind, werden mit Chadder (noch) nicht glücklich. Ob sich Chadder durchsetzt, ist in unseren Augen sehr fragwürdig – noch scheint vieles bei dem Messenger in den Sternen zu stehen.
Zusammenfassung Chadder
- Verbreitung: Android, Windows Phone, konzipiert für Smartphones, auch per Tablet und für reine WLAN-Geräte nutzbar
- Einschränkungen: iOS, BlackBerry OS
- Installation: Einfach
- Kontakte kopieren: Suche über Namen, Code, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer. Keine Einladungsfunktion.
- Optik/ Bedienbarkeit: Optisch ansprechend, Bedienung intuitiv, keine deutschsprachige Übersetzung, ausschließlich Textnachrichten
- Flexibilität: Keine, ausschließlich Textnachrichten
- Kosten: Kostenfrei
- Orga/ Land hinter dem Service: Etransfr & FTC, Rochester, USA
- Verschlüsselung: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sehr gut
- Quellcode: Nicht offen
- Datenschutz: Sehr gut; persönliche Daten können, müssen aber nicht angegeben werden, Schlüsselverwaltung und Nachrichtentransfer laufen über verschiedene Server
- AGB: Nicht vorhanden
- Zuverlässigkeit: Verbesserungswürdig, da in Beta-Phase befindlich
- Sicherheitsprobleme: Keine
- Jugendfilter: Nicht vorhanden
- Datenspeicherung: Verschlüsselte Nachrichten auf den Servern, private Schlüssel zum Dechiffrieren auf anderen Servern
- XMPP: Nein
- Finanzierung: Durch Spenden, zudem werden Investoren gesucht
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